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Sparkasse muss Vorfälligkeitsentschädigung erstatten

LG Rostock verurteilt Sparkasse zur Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Gericht lässt Angaben im Vertrag zur Berechnung nicht genügen.

Sachverhalt

Im September 2016 schlossen die klagenden Verbraucher mit der Sparkasse zwei Immobilienverbraucherdarlehen über EUR 280.000,00 und EUR 20.000,00 zur Finanzierung einer Immobilie ab. Beide Verträge der Sparkasse enthalten Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Angaben im Vertrag aus dem Sparkassenverlag

"10.2. Vorfälligkeitsentschädigung

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. ,,Aktiv/Passiv-Methode". Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre. Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.

Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit - auf Basis des effektiven Jahreszinses - zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.

Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend. Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen: - Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld; - Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungsrechte; - Abzinsung der ennittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt. Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung."

Im Jahr 2019 verkauften die Verbraucher die finanzierte Immobilie und teilten dies der Sparkasse mit. Die Sparkasse übersandte eine Aufhebungsvereinbarung mit der sie Vorfälligkeitsentschädigungen i.H.v. EUR 22.137,34 und EUR 851,22 zzgl. einer Bearbeitungsgebühr von jeweils EUR 250,00 berechnete. Die Verbraucher unterschrieben die Aufhebungsvereinbarung mit dem Vermerk "Unter dem Vorbehalt der Rückforderung und der Überprüfung der Berechtigung der Forderung sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach".

Im Anschluss wurde das Darlehen inklusive Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt. Kurz darauf ließen die Verbraucher die Forderung durch ihren Rechtsanwalt zurückfordern, was die Sparkasse verweigerte, sodass Klage zum Landgericht Rostock erhoben werden musste.

Zur Rechtslage im Allgemeinen

Mit der Änderung des Immobilienverbraucherdarlehensrechts zum 21.03.2016 im Zuge der Umsetzung der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie gilt die zuvor nur für Allgemein-Verbraucherdarlehen geltende Regelung des § 502 BGB auch für Immobilienkredite. Nach dieser Vorschrift entfällt der Anspruch einer Bank oder Sparkasse auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn die Angaben im Vertrag zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Hierauf hatten sich die Verbraucher in dem Besprechungsfall vor dem Landgericht Rostock berufen.

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht gab der auf § 502 BGB gestützten Klage der Verbraucher statt, da nach der Ansicht des Gerichts die Angaben im Vertrag zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. 

Im vorliegenden Fall hatte die Sparkasse zu der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unter Anwendung der Aktiv/Passiv­Methode informiert. Bei dieser Berechnungsmethode stellt sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite dar, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist nach der Rechtsprechung des BGH um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Leistung der Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen (BGH, Urteil vom 7. 11. 2000 - XI ZR 27/00, NJW 2001, 509, beck-online). Nach der Ansicht des Landgerichts ergibt sich diese Differenzberechnung aus den Angaben im Vertrag nicht. Es werden zwar Parameter für die Berechnung der Entschädigung genannt, ohne jedoch transparent zu machen, wie diese untereinander in Beziehung zu setzen sind, so dass der Darlehensnehmer nicht hinreichend zuverlässig die durch die vorzeitige Rückzahlung voraussichtlich anfallenden Belastungen abschätzen kann. Durch die lückenhafte und intransparente Information kann für den Darlehensnehmer der Eindruck einer sehr viel größeren Belastung entstehen, welche ihn von der vorzeitigen Rückzahlung abhalten könnte.

Entsprechend versagte das Landgericht der Sparkasse den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, sodass die Sparkasse diese zu Unrecht erlangte und an die Kunden zurückgeben muss.

Aufhebungsvereinbarung hindert Rückforderungsverlangen nicht

Auch die Aufhebungsvereinbarung steht nach Ansicht des Landgerichts dem Rückforderungsanspruch nicht entgegen. Denn diese modifiziert den Darlehensvertrag vielmehr insofern, dass der Erfüllungszeitpunkt für die Leistungen nach vorne verlagert wird.

Zahlreiche Sparkassen betroffen

Das Urteil betrifft grds. alle Sparkassen aus dem Bundesgebiet, da die Vertragsformulare vom Sparkassen-Verlag zentral erstellt und von allen Sparkassen verwendet werden. Gerade Sparkassenkunden, die ihren Vertrag im Jahr Jahren 2016 abgeschlossen haben, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Entscheidung betroffen.

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David Stader

Fachanwalt für Bankrecht & Kapitalmarktrecht

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