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OLG München bestätigt vorzeitige Kreditkündigung

OLG München: Darlehen die vorzeitig prolongiert wurden können 10 Jahre nach der Verlängerung mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden.

Kündigungsfrist beginnt mit Abschluss der Prolongation

Das Oberlandesgericht München hat in einem aktuellen Urteil vom 24.04.2017 (19 U 4269/16) bestätigt, dass eine vorzeitige Verlängerungsvereinbarung zu einem Immobilienkredit 10 Jahre nach Abschluss der Verlängerungsvereinbarung kostenlos gekündigt werden kann. Unerheblich ist, ob die Zinsbindung der Verlängerungsvereinbarung erst Jahre später ausläuft.

Sachverhalt

Die Kläger hatten im Jahr 2001 einen Kreditvertrag mit der Beklagten Bank abgeschlossen. Die Zinsbindung für dieses Darlehen war bis zum 31.03.2011 festgeschrieben. Im Dezember 2007 verlängerten die Kläger den Darlehensvertrag vorzeitig (sog. Forward-Prolongation) zu einem Zinssatz von 5,53 % p.a. um weitere 10 Jahre. Die neue Zinsbindung endet somit am 31.03.2021. Nach dem Abschluss der Verlängerung sanken die Darlehenszinsen dramatisch. 

Im Jahr 2016 erklärten die Kläger die Kündigung ihres Darlehensvertrags nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift können Darlehensverträge in jedem Fall 10 Jahre nach der Vollauszahlung gekündigt werden. Für Verlängerung sieht das Gesetz vor, dass die 10-jährige Frist "zu dem Zeitpunkt dieser Vereinbarung" beginnt. Soweit von Bedeutung lautet die Vorschrift wie folgt:

"Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang [...]; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über [...] den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs."

Die Bank wies die Kündigung des Darlehens jedoch als unbegründet zurück. Sie vertrat die Ansicht, dass die 10-jährige Kündigungsfrist nicht bereits mit dem Abschluss der Verlängerungsvereinbarung (hier im Dezember 2007), sondern erst mit dem Inkrafttreten der Verlängerung, also am 30.03.2011 beginne, sodass der Vertrag nicht vor dem Ende der neuen Zinsbindung gekündigt werden könne. 

Aufgrund der Weigerung die Kündigung zu akzeptieren erhoben die Kläger klage zum Landgericht München I.

Verfahren vor dem Landgericht München I

Das Landgericht München I gab der Klage statt (Urt. v. 27.09.2016, 3 O 9175/16). Nach Ansicht des Gerichts beginnt die 10-jährige Frist zur Kündigung bereits mit dem Abschluss der Forward-Verlängerung und nicht erst mit dessen Inkrafttreten. Die beklagte Bank legte gegen dieses Urteil Berufung zum Oberlandesgericht München ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts München

Das OLG hat die Berufung in dieser Frage zurückgewiesen und sich der Rechtsansicht des Landgerichts angeschlossen. Nach der Ansicht des OLG ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes, dass der Beginn der 10-Jahres-Frist nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB an den Abschluss der Verlängerungsvereinbarung anknüpft. Eine am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung könne zu keinem anderen Ergebnis führen:

"Die am Wortlaut orientierte grammatikalische Auslegung stützt klar dieses Ergebnis. Danach ist eindeutig der Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung maßgeblich und nicht der Ablauf der vorigen Zinsbindung o.ä.. Wohl deshalb argumentieren die Vertreter der a.A. z.T. damit, dass es sich bei der hier in Frage stehenden Fallgestaltung um eine Umschuldung, also um einen neuen Darlehensvertrag handele, der nicht unter die Regelung des § 489 Abs. 1, Nr. 3 Hs. 2 BGB falle (so Mülbert in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 489 Rz. 50). Das lässt sich aber mit Blick auf die neuere Rspr. des BGH, wonach dem Darlehensnehmer auch bei einer – wie hier - zeitlich vorgezogenen Neuregelung des Zins- und Tilgungsanteils kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (XI ZR 385/15 vom 7. Juni 2016), nicht halten."

Auch die Bemühungen der Bank, eine andere Auslegung anhand der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck des Gesetzes zu erreichen scheiterte. Das Oberlandesgericht führt vielmehr aus, dass weder die Historie des Gesetzes, noch dessen Sinn und Zweck eine andere Auslegung rechtfertige.

Urteil eröffnet neue Möglichkeiten der kostenlosen Umschuldung

Das Urteil des Oberlandesgerichts schafft Bankkunden neben dem gesetzlich stark eingeschränkten Widerrufsjoker eine neue effektive Möglichkeit, kostenintensive Kreditverträge zu beenden und von den aktuell noch niedrigen Zinsen zu profitieren. Insbesondere Bankkunden, die in den Jahren 2006, 2007 und 2008 ihre Kreditverträge vorzeitig verlängert haben, sollten die Möglichkeit einer Kündigung prüfen lassen.

 

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David Stader

Fachanwalt für Bankrecht & Kapitalmarktrecht

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